Historie

Im Jahre 1954 entstand die „Vereinigung für Wissenschaftliche Zahnheilkunde Stuttgart“ auf Initiative und unter dem Vorsitz von Dr. Dr. U. RHEINWALD. Ulrich Rheinwald leitete die „Zahn- und Kieferklinik“ am Katharinenhospital in Stuttgart nach dem 2. Weltkrieg.

Die Wurzeln der Vereinigung gründen auf dieser Krankenhauseinrichtung, die noch älter ist: Denn beim 100-jährigen Jubiläum des Katharinenhospitals im Jahre 1928 hat im Katharinenhospital eine„Zahnstation" bestanden. Die Ortskrankenkasse Stuttgart hatte diese Behandlungsstelle eingerichtet und mit einem Zahnarzt besetzt, um ihre im Katharinenhospital liegenden Mitglieder zahnärztlich betreuen zu können. Diese Zahnstation wurde am 1. Februar  1934 von der Stadt Stuttgart übernommen, als „Zahn- und Kieferstation" weitergeführt und dem Chefarzt DR. MED. DENT. O. WITZEL übertragen. Er hat, ergänzend zu den bisherigen zahnärztlichen Aufgaben, das kieferchirurgische Arbeitsgebiet entwickelt. Neben die ambulante zahnärztlichen Chirurgie traten, im Zusammenwirken mit der Chirurgischen Klinik, zunehmend Aufgaben im Rahmen der Unfallchirurgie. Der Ausbau des Arbeitsgebietes, das Wachsen des Mitarbeiterstabs, die schrittweise Erweiterung der Behandlungsräume und die steigende Leistungsbilanz wurden durch die Zerstörung des Katharinenhospitals im Jahre 1944 jäh unterbrochen. Nachdem DR. WITZEL 1945 verstorben war, überdauerten im Ausweichkrankenhaus Stetten im Remstal nur noch Reste der „Zahn- und Kieferstation" die Wirren der letzten Kriegs- und ersten Nachkriegsperiode.

Ein Schüler und Kollege Rheinwald’s - Mr. Allen Lynch aus London- berichtet dazu, dass Ulrich Rheinwald in Calw im Schwarzwald als Sohn eines Landrats geboren worden sei. Nach dem Abitur habe er mit dem Studium der Ingenieurswissenschaften begonnen, dann an der Universität Tübingen ab 1926 Medizin und Zahnmedizin studiert. Er habe das  Staatsexamen in Zahnmedizin 1930 abgelegt und an verschiedenen Universitätskliniken gearbeitet, um eine akademische Karriere anzustreben. Dies sei ihm verwehrt geblieben, da er sich geweigert habe das Parteibuch der Nationalsozialisten anzunehmen. Stattdessen begann er eine zahnärztliche Praxis für Oralchirurgie in Frankfurt/m. zu führen. Er setzte sein Medizinstudium jedoch 1941 fort und wurde Stabsarzt bei der Marine.

Am 4. Dezember 1945 habe der Wiederaufbau der zunächst nur noch auf dem Papier existierendem „Zahn- und Kieferklinik" am kriegszerstörten Katharinenhospital in Stuttgart begonnen. Die Leitung wurde an Rheinwald als Chefarzt 1947 übertragen.

Zur Rückführung der Klinik nach Stuttgart aus einem Provisorium in Stetten im Remstal wurden auf dem Gelände des zerstörten Katharinenhospitals in einer Baracke eine Ambulanz und in einem Tiefbunker ein Operationssaal geschaffen. Mit dem Aufbau des ausgebrannten sog. Bau 14 – frühere Hebammenschule - wurde im Jahre 1948 begonnen. Im Dezember 1952 konnte die Zahn- und Kieferklinik zwei Krankenstationen, die Operationsabteilung und - im Untergeschoss - die Ambulanz beziehen. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um das Aufgabengebiet der Kieferchirurgie an den Versorgungsbedarf der Bevölkerung für den nordwürttembergischen Raum anzupassen.

Rheinwald war auch Wissenschaftler und Autor, verfasste mehr als 100 Publikationen und ein Lehrbuch über Oralchirurgie. Lang vor der Stuttgarter Zeit hatte er bereits Stetten im Remstal zu einem „bekannten Ort auf der akademischen Landkarte Süddeutschlands, Österreichs und Norditaliens“ gemacht, berichtet sein Kollege Lynch.

Aus dieser Aktivität und aus der Klinik heraus erwuchs schließlich auch die die „Vereinigung für Wissenschaftliche Zahnheilkunde Stuttgart“, die Rheinwald gemeinsam mit zwei Kollegen, Dres. Merz and Haussig, gegründet habe. Die Vereinigung sollte der Wissensvermittlung wichtiger Themen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde für niedergelassenen zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen der Region dienen. Zahlreiche am Katharinenhospital Stuttgart ausgebildete Oralchirurgen und Oralchirurginnen wurden in Folge Mitglieder der Vereinigung und hielten damit auch regelmäßige Bande zu ihrer Ausbildungsstätte aufrecht.

Als Anerkennung für die Aufbauleistung wurde Rheinwald im Jahre 1966 zum Professor ernannt. Er engagierte sich in der zahnärztlichen Standespolitik, wurde u.a. Vorsitzender der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, wirkte an der Gründung des Zahnärzteblattes Baden-Württemberg und der Gründung der ZMF-Schule in Tübingen und des zahnärztlichen Fortbildungsinstituts in Stuttgart mit.

Nach der Emeritierung Rheinwald’s übernahm Prof. Dr. Dr. HELMUT SCHÜLE 1968 die Leitung der Vereinigung und begründete ihre korporative Mitgliedschaft in der deutschen wissenschaftlichen Dachorganisation, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. Fortan waren die Mitglieder der Vereinigung zugleich Mitglieder auch in der DGZMK. Prof. Schüle war u.a. Fortbildungsreferent des LZK Baden-Württemberg. Der innere und äußere Aufbau der nunmehr als „Kieferklinik“ bezeichneten Klinik am Katharinenhospital wurde von Schüle als Ärztlichem Direktor kontinuierlich weitergeführt.

Nach seiner Emeritierung 1989 übernahm Prof. Dr. Dr. DIETER RIEDIGER die Klinikleitung und - gemeinsam mit Prof. Dr. ERICH KÖRBER, Tübingen, auch den Vorsitz der Vereinigung. Riediger wechselte 1996 als Ordinarius für MKG-Chirurgie an die Universitäten Aachen und Maastricht.

Am 01.09.1996 übernahm Prof. Dr. Dr. DIETER WEINGART den Vorsitz der Vereinigung und die Leitung der Klinik für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastisch-ästhetische Operationen, Zentrum für Implantologie am Klinikum Stuttgart. Die Mitgliederzahl der Vereinigung wuchs unter Weingart‘s Amtszeit auf ca. 400 Mitglieder an.

Unter Prof. Weingart‘s Leitung fanden in den folgenden 24 Jahren ca.  viermal im Jahr an Samstag-Vormittagen wissenschaftliche Vorträge renommierter Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner, vorwiegend von deutschsprachigen Hochschulen, statt. Die Veranstaltungen erlaubten auch den intensiven persönlichen Austausch zwischen den Teilnehmer und Teilnehmerinnen und hatten das Ziel wissenschaftlich fundierte und unabhängige Informationen aus allen Bereichen der Zahnheilkunde für den niedergelassenen Kollegen und die Kollegin zu liefern - das alles zu einem angemessenem Jahresbeitrag.

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen erhielten entsprechende Fortbildungspunkte. Jährlich organisierte Weingart zudem ein wissenschaftlichen Symposiums zu jeweils einem Themenkomplex für die Bezirkszahnärztekammer Stuttgart.

2016 wurde die Vereinigung ein eingetragener Verein mit dem Namen „Wissenschaftliche Vereinigung für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Stuttgart“. Die Gründungsmitglieder sieht man auf dem Foto.

Das Jahr 2020 brachte einschneidende Veränderungen mit sich, so konnten die geplanten Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie gar nicht mehr stattfinden und der Vorsitzende, Prof. Dr. Dr. Dieter Weingart, verstarb im August 2020 gänzlich unerwartet und plötzlich.

Die zweite Vorsitzende, Dr. Helga Wagner, leitete die Vereinigung bis auf der Jahres-Mitgliederversammlung Weingart’s langjähriger Stellvertreter - und von 1997-2019 auch Schatzmeister des Vereins -  Kollege Dr. med. Rolf Bublitz – Facharzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, Tübingen zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde. Bublitz führte während der andauernden Pandemiezeit die ersten virtuellen Fortbildungsveranstaltungen in der Geschichte der Vereinigung durch –  tatkräftig unterstützt von seinen Vorstandskolleginnen und -kollegen: Dr. Helga Wagner, Bietigheim, Dr. Sabine Laval, Klinikum Stuttgart, Dr. Hans-Peter Platten, Nufringen,  Dr. Steffen Obergfell, Reutlingen und Dr. Julian Schell, Universitätsklinikum Tübingen.

Gründung des eingetragenen Vereins 2016 durch Prof. D. Weingart, Prof. H. Schüle, Dres. H. Wagner, H.P. Platten, R. Bublitz, S. Obergfell und J. Schell - von links nach rechts